# Totgesagte leben länger: # Perl und die Kraft der Beharrlichkeit Meine erste Begegnung mit Perl liegt inzwischen 30 Jahre zurück – irgendwann 1995, als das Web noch jung war, das „dynamische Web“ gerade seinen Anfang nahm und CGI-Skripte auf Shared Hosts ihr Unwesen trieben. Perl war damals das Schweizer Taschenmesser der frühen Netzgeneration: pragmatisch, expressiv, auf eine schräge Art schön. Und ja, manchmal auch einfach nur kryptisch. Heute? - Klar, Perl ist nicht mehr hip. Es ist nicht das neue Rust, nicht das geliebte Python, nicht mal der bequeme One-Liner in Bash. Aber: Perl ist da. Immer noch. Und das zählt. Mehr, als man auf den ersten Blick glauben mag. Was mich wirklich freut: Es gibt Menschen wie Robert Acock, die sich auch 2025 noch hinsetzen und eine grundlegende Artikelserie zu Perl starten [^1], frisch verlinkt im aktuellen Perl Weekly Newsletter 724 [^2]. Solche Initiativen wirken vielleicht etwas aus der Zeit, so wie ich mit diesem Text, aber sie stehen für etwas sehr Kostbares: **(digitale) Resilienz** - Und für die Fähigkeit, auch ohne Hype und großzügiges Venture Capital einfach weiterzumachen. Weil man an etwas glaubt. Weil es nützlich ist. Weil es geht. ## Die verborgene Kammer Besonders deutlich wird diese Resilienz im Bereich, der oft unsichtbar bleibt: im Backend, bei den SysAdmins, den DevOps, den Stillen im Maschinenraum. Dort, wo Prozesse automatisiert, Logs analysiert und Daten durch Textfilter geschleust werden – da ist Perl (für mich) noch immer zu Hause. Und da stellt sich ganz praktisch eine Frage: Wenn es nicht gerade um ein paar sehr schnelle `grep`-Pipelines (|) geht – warum mühen sich manche mit wilden Bash-Umsetzungen ab? Spätestens bei Arrays, regulären Ausdrücken oder der Dateiverarbeitung wird aus der „kleinen Lösung“ oft ein unübersichtliches Konstrukt. Dabei liegt Perl zumeist direkt daneben. Bei Linux ganz bestimmt. Und es löst die genannten Aufgaben mit Klarheit und Struktur – in einem Stil, der für Skripte wie gemacht ist. Nein, Bash soll nicht weg. Die Bash ist wichtig. Aber Perl verdient es, öfter als Werkzeug ernst genommen zu werden. Nicht nur als Relikt, sondern als bewährte Option, die ihre Stärken im Kleinen wie im Großen zeigt. Wer einmal damit gearbeitet hatte, kennt vielleicht noch das Gefühl: „Ach, das geht ja sehr elegant.“ - Man muss es sich nur wieder in Erinnerung rufen. ## Nicht nur Perl Natürlich: Heute dreht sich im Web oder in der Netzwerk-Programmierung vieles um andere Namen. JavaScript (ungleich Java!) in all seiner Ambischönheit (Schönhässlichkeit?). Python. Go. Und – ja – auch PHP. Ich selbst habe Perl im Web irgendwann durch PHP ersetzt. Erst pragmatisch, später aus Überzeugung. Und ich muss anerkennen: PHP hat eine lange und beeindruckende Reise hinter sich. Das PHP von heute ist nicht mehr das "Tool" von damals, wie das jüngste Framework TempestPHP [^3] sehr schön demonstriert oder das verrückte Konglomerat mit Go: FrankenPHP [^4]. In meiner eigenen Entwicklungsreise spreche ich auch gerne von den drei P’s: Perl → PHP → Python und irgendwie wieder zurück und dann noch einmal von vorne. Jede dieser Sprachen hat ihren Platz. Und jede davon lebt – auf ihre Weise. ## Und dann ist da noch Mojolicious Wer denkt, Perl hätte im Web nichts mehr zu suchen, der sollte sich Mojolicious [^5] anschauen. Das Framework zeigt, dass modernes Web mit Perl nicht nur möglich, sondern richtig gut ist. Aktiv entwickelt, elegant und konsequent – und dabei überraschend zugänglich. Es ist Perl, wie man es sich für das Web wünscht. --- Ich schreibe das nicht aus Nostalgie! Sondern weil wir oft vergessen, was längst in der Werkzeugkiste liegt – und wie wertvoll bewährte Werkzeuge wie Perl auch heute noch sein können. Gerade dann, wenn alles nach „neu“ schreit: Es heißt nicht ohne Grund: Je oller, je doller! ~kchaot Perl: [^1]: https://t1p.de/nxz6r (dev.to/lnation/...) [^2]: https://perlweekly.com/archive/724.html [^5]: https://mojolicious.org PHP: [^3]: https://tempestphp.com [^4]: https://frankenphp.dev